Zur Rolle von Recht und Kriminologie beim Umgang mit Sexualdelinquenz
Hauke Brettel
Die Rechtsordnung definiert nicht nur den Bereich der Sexualdelinquenz, sondern gibt auch Regeln für den Umgang mit Sexualdelikten vor. Dabei ist das Verhältnis von rechtlichen Vorgaben zu anderen Maßstäben (wie zum Beispiel Erfahrungsregeln) in der Praxis nicht selten klärungsbedürftig, etwa wenn Rechtsregeln an der Feststellung oder Verwertung von Tatsachen hindern. Auch erzielen rechtliche Vorgaben (Neben-)Wirkungen, die über das intendierte Regelungsanliegen hinausgehen, beispielsweise wenn sie zu schematischen Handhabungen ohne einen gebotenen Einzelfallbezug verleiten. Im Spannungsfeld von Recht und Empirie muss sich insbesondere die Kriminologie behaupten. Ihre Rolle beim Umgang mit Sexualdelinquenz wirft überdies im Verhältnis zu anderen Fachdisziplinen (wie etwa der Psychiatrie oder Psychologie) Fragen auf.
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. jur. Hauke Brettel ist Sprecher des Zentrums für Interdisziplinäre Forensik (ZIF) und Inhaber der Professur für Strafrecht, Kriminologie und Medizinrecht an der Johannes Gutenberg-Universität. Zu seinen aktuellen Forschungsschwerpunkten gehören die Sexual-, Gewalt- und Drogenkriminalität. Auch beschäftigt er sich unter anderem mit empirischen und rechtsdogmatischen Aspekten von Kriminalsanktionen und Kriminalprognosen.